Monday, January 01, 2007

Not statt Böller... (a message to Tinkerbell)

Sackkalte Nacht in Köln, Sülzburg. Nach einem höchst anstrengendem und wenig zufriedenstellendem, zwischenmenschlich abgründigem und von der Wurzel her verschissenem Jahr sitz ich auf der knallerunbequemen Designer-Couch meines besten Freundes Göby, halt in der Rechten ne Fernbedienung und in der Linken nicht mal ein Bier.
(Das genügt zur Tragik und wäre für manch Einen schlimmer als der Verlust des halben Darms, bei nem furchtbaren Flugzeugabsturz, aufs Taubstummenwaisenhaus.)
Aber zurück zu meiner Geschichte...
Ich bin Asylspaßbremse an der Copa Kabänes. Göby zu vermitteln, dass die Tatsache, das er aber auf ner knorken Party ist und bestimmt vor 4 nicht wieder auftaucht, genau DAS ist was ich suche, fällt mir ein bißchen schwer.
Sylvester wurde von geldgierigen, feisten, gemeingefährlich schlitzäugigen Böllerchinesen erfunden... Sie haben die westliche Zivilisation eine Weile beobachtet und selbstredend schnell entdeckt, dass man uns so ziemlich alles weismachen kann. Dann haben ein paar Kamikazetypen auf Stelzen und in Fettanzügen überall rumerzählt, es gäbe nen Grund das Ende des Jahres zu feiern. Vollkommen aus der Luft gegriffen. Kleinbürgerlich steigt die Steuer, steigen die Bierpreise, sinkt die Lebenserwartung und verschwindet der Spaß. Hobbyphilosophisch steigt die Zahl derer, die einem Grund zum Ärgernis bieten, steigen die Bierpreise, sinkt die Lebenserwartung und verschwindet der Trost.
So verschieden ist das nicht. Grundsätzlich müsste Einheitsmuff eintreten, ein jeder bei seinen Lieben hocken und besser mal die Fresse halten. Retrospektive, am Kopf kratzen, kurz schämen und ins Bett.
Göby versteht, aber er vollzieht nicht nach. Das ist ok. Ich hocke also da, mein Hintern knautscht im Rolf-Benz Lederimitat, vor der Tür zünden Zwölfjährige dackelgroße Kanonenschläge und im TV wird abscheulich gesungen, unverantwortlich getanzt und wehmütig rückgeblickt. Alles in allem ein sehr, sehr trauriger Anblick, gewiss. Aber wer genauer hinsieht, entdeckt die Zufriedenheit in meinem Gesicht. Ich hab das System gefickt und erfreue mich an meiner Grauzone. Ich MUSS nicht feiern und ich WERDE nicht feiern... und ihr da draußen, liebes Volk, deut mir den Hobel und schiebt ihn Euch dann quer rein! Frohes neues Jahr!
Ich werde feiern, wenn ich Gewissheit habe, nicht mehr mit Sorgenfalten, schlechtem Gewissen oder Orientierungslosigkeit aufzuwachen. Und leck Arsch, wär das schön, wenn dass in genau 365 Tagen soweit wäre... Dann fiel ich endlich nicht mehr aus dem Rahmen.
Gestern Nacht hab ich das Feuerwerk vom Balkon meines Schwiegeronkels aus beobachtet... Gut 10 Meter über allem, 360°, Glitzerglittergedöhns überall und ja, aus dem sentimentalstem Grund meiner Selbst, es war sauschön! Feiernde Meuten, volltrunkene Heranwachsende und Sprengkörper-werfende Testosteronsilos waren weit unten, umhüllt von Schwarzpulverrauch und Schaumwein-Bäuerchen. Statistisch nachgewiesen ist: Je schlechter es einem Volk geht, umso größer ist das Feuerwerk am Jahresende. Das hat für mich eine gewisse Romantik, etwas aufständiges. Hah, Arschlochschicksal, guck mal! Trotzdem Feuerwerk! Pillepalle!
Seit heute ist selbst das verloren: Nach gefühlt mehrstündigem Referat eines jener Menschen, die alles wissen und sowieso die richtige Meinung haben weiß ich, dass die Produktionskosten sowie der technische Aufwand in der Feuerwerkskörperindustrie durch bahnbrechende Neuerungen aufs rudimentärste reduziert wurden. In Folge dessen lagerte nun jeder Lidl Deutschlands in der Woche nach Weihnachten Böller und Raketen mit einer addierten Sprengkraft, die Hiroshima wie ein Grillfest erscheinen lassen würden. Zu Dumpingpreisen! In mannigfaltigen Gebinden! Also, wer das nicht kauft, der is ja wirklich... der hat ja...
Romantik dahin. Nix williger. Billiger! Der selbe Scheiß wie letztes Jahr, nur lauter und greller. Nächstes Jahr wieder: Couch!
Tinkerbell, I understand. Nur Karneval hat noch mehr Kotzfaktor!
Trotzdem ein gutes Jahr Dir
Nicholas